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Graffiti nicht nur erlaubt, sondern erbeten!!!

Foto der Spray-Aktion
Foto der Spray-Aktion
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Foto der Spray-Aktion
Foto der Spray-Aktion

Teilnehmer der Arbeitsgemeinschaft „Eine Blume namens Heimat – auf den Spuren unserer ehemaligen jüdischen Mitbewohner der Stadt Leer“ haben ein besonderes fächerübergreifendes Projekt gestartet: mit der Erlaubnis des Bürgermeisters werden viele der städtischen Einrichtungen in der Altstadt, wie z. B. das Stadtarchiv im Haus Hamburg, die Rathaustreppe oder die Stadtbibliothek mit gesprühten Gedichtfragmenten der Lyrikerin Mascha Kaléko verschönert. Ein Beispiel:

Wenn ich »Heimweh« sage,
sag ich »Traum«.
Denn die alte Heimat gibt es kaum.
Wenn ich Heimweh sage,
mein ich viel:
Was uns lange drückte im Exil.
Fremde sind wir nun im Heimatort.
Nur das »Weh«, es blieb.
Das »Heim« ist fort.

Der Verlust der Heimat bildet ein zentrales Thema der deutsch-jüdischen Poetin. Mascha Kaléko sah sich 1938 selbst gezwungen, ihre geliebte Wahlheimat Berlin zu verlassen und in die USA zu emigrieren. Heimisch hat sie sich weder in New York noch später in Jerusalem gefühlt. Das Berlin der 20er Jahre blieb für sie immer ihr „Traum“. Viele Deutsche jüdischen Ursprungs, denen die Flucht vor den nationalsozialistischen Häschern noch gelungen war, teilten dieses traurige Schicksal der verlorenen Generation. Es war schwer, sich von allem zu trennen und im Exil Fuß zu fassen, eine andere Sprache zu lernen und eine neue Existenz aufzubauen.

In der Arbeitsgemeinschaft haben wir mehrere Einzelschicksale von Emigranten untersucht, welche die Heimatstadt Leer verlassen mussten. Die Sprache von Mascha Kaléko kann die Gefühlswelt dieser Flüchtlinge einfangen. Ihre Zeilen drücken nicht nur die Sehnsucht für die verlorene Heimat aus; sie beschreiben vielmehr das schmerzliche Gefühl, dass es das ehemalige Zuhause mit der Familie und den Freunden niemals wieder geben wird.

Die ausgewählten Gedichte werden nicht nur in der Ausstellung der AG und des Seminarfaches wieder aufgegriffen. Die kleinen Kunstwerke sind zugleich Werbung für die gesamte jüdische Woche der Stadt Leer, die vom 23. Mai bis zum 29. Mai stattfindet und mit einer Lesung von Mascha Kalékos Lyrik endet.

Die gesprühten Verse werden sicherlich vom Regen verwischen und mit der Zeit verwittern; doch dies tut der Aussage keinen Abbruch – im Gegenteil. Die Vergänglichkeit der Bilder spiegelt die Inhalte der Zitate wider.

Text und Fotos: Claudia Lax

2011-05-19,